Kollektivvertrag 2024

Einigung auf Zweijahresabschluss

Kollektivvertrag
02.05.2024

In der KV-Runde 2023 einigten sich die Bau-Sozialpartner sowohl für die Bauarbeiter als auch für die Bauangestellten auf einen Zweijahresabschluss. Die Mindestlöhne werden mit 1. Mai 2024 um 7,15 %, die Mindestgehälter um 7,05 % angehoben. Wie diese Erhöhung rechnerisch begründet ist, erklärt der folgende Beitrag.
Handschlag auf einer Baustelle

Bei der KV-Runde 2023 wurde die Erhöhung für das zweite Jahr nicht mit einem fixen Prozentsatz, sondern – wie seit 2011 bei mehrjährigen Abschlüssen üblich - mit einer Formel, die aus dem Verbraucherpreisindex (VPI) und einem Aufschlag (Satz an Prozentpunkten, der zum VPI hinzugerechnet wird) besteht. Die für die Bauarbeiter geltende Regelung lautet: „Die kollektivvertraglichen Mindestlöhne und Lehrlingseinkommen werden per 1.5.2024 für eine Laufzeit von 12 Monaten um 0,35 % zuzüglich der prozentuellen Veränderung des VPI 2020 im ­Vergleich zum Vorjahr erhöht, wobei der Berechnung die durchschnittliche Veränderung der von der Statistik Austria ausgewiesenen Werte für die Monate März 2023 bis einschließlich Februar 2024 zugrunde gelegt wird.“
Gerade die Berechnung des Prozentsatzes des VPI wirft bei den Praktikern oft Fragen auf. Diese resultieren daraus, dass die Statistik Austria zwei Werte publiziert, nämlich einerseits den Indexwert und andererseits einen Prozentsatz, der die Veränderung des Indexwerts im Jahresabstand angibt.

Jahresdurchschnitt vs. ­Stichtagsveränderung

Für die Berechnung der Lohnerhöhung wird gemäß der eingangs angeführten Regelung der Zeitraum von März 2023 bis Februar 2024 herangezogen. Gemäß Textierung ist dabei der Durchschnitt jener zwölf Veränderungsprozentsätze zu bilden, die für die Monate März 2023 bis einschließlich Februar 2024 kundgemacht wurden. Diese Werte betragen – beginnend mit einem Prozentsatz von 9,2 % für März 2023 – im Durchschnitt 6,8 %. Addiert man dazu noch die 0,35 %-Punkte, ergibt sich eine Lohnerhöhung im Ausmaß von 7,15 %.
Ein bloßer Vergleich der Monats-VPI-Werte im Jahresabstand entspricht nicht der Textierung des Kollektivvertrages, weil Schwankungen innerhalb des Betrachtungszeitraumes unberücksichtigt bleiben würden. Dies gilt natürlich umso mehr für eine reine Stichtagsbetrachtung zwischen März des Vorjahres und Februar des laufenden Jahres, da dies lediglich eine Veränderung in einem Betrachtungszeitraum von 11 Monaten wiederspiegelt. Eine Durchschnittsberechnung von 12 Monatswerten (März 2023 bis einschließlich Februar 2024) ist logischerweise nicht mit einer Stichtagsbetrachtung für einen Zeitraum von 11 Monaten (Veränderung Monatswert März 2023 zu Monatswert Februar 2024) vergleichbar.
Doch warum vereinbaren die KV-Parteien die eingangs erwähnte Berechnungsmethode anstelle einer stichtagsbezogenen Valorisierung? Zum einen sollen bei der KV-Erhöhung die Veränderungen des gesamten Betrachtungszeitraumes vollumfänglich berücksichtigt werden. Die monatliche Rollierung erweist sich zudem im Vergleich zu einer jahresweisen Stichtagsberechnung als weniger volatil (s. Grafik unten). Daher bildet diese Methode nicht nur in der Baubranche, sondern in der gesamten österreichischen Wirtschaft unter dem Schlagwort „rollierende Inflation“ die Verhandlungsgrundlage für die KV-Abschlüsse. Diese Berechnungsmethode hat weder für die Arbeitnehmer- noch für die Arbeitgeber-Seite einen systemimmanenten Vor- oder Nachteil: im Vergleich zu einer Stichtagsberechnung begünstigt diese einmal die Arbeitnehmer- und ein anderes Mal die Arbeitgeber-Seite. Wie aus der Grafik ersichtlich, wirkte die rollierende Durchschnittsberechnung in den Jahren 2022 und 2023 dämpfend auf die Verhandlungsbasis für den Bau-KV. Heuer wiederum liegt der Vorteil auf Seiten der Arbeitnehmer.

Tabelle 1

Parallelverschiebung

Für die Erhöhung der Ist-Löhne und -Gehälter wurde die traditionelle Parallelverschiebungsklausel vereinbart. Diese besagt, dass Überzahlungen über den kollektivvertraglichen Mindestlöhnen und -gehältern betragsmäßig erhalten bleiben müssen.

Tabelle 2

Beschäftigungsgruppe A1 ­entfällt ab 1.5.2024

Teil des Abschlusses für die Bauangestellten ist der Entfall der bisherigen Beschäftigungsgruppe A1. In diese waren kaum noch Angestellte eingestuft, weil die Tätigkeiten, die in diese Gruppe fielen, zum allergrößten Teil in den letzten Jahrzehnten aus der Praxis verschwunden sind.
Damit rücken alle Beschäftigten, die bisher in die Beschäftigungsgruppe A1 einzureihen waren, in die Beschäftigungsgruppe A2 vor. Die Berechnung des neuen Gehalts erfolgt in zwei Schritten:
Zunächst erfolgt die Vorrückung in die Gruppe A2 mit den Werten aus dem Jahr 2023, wobei die Bestimmungen des § 11 Z 2 KV Angestellte Baugewerbe/Bauindustrie anzuwenden sind.
Nunmehr ist das neue Gehalt nach den allgemeinen Regeln zu ermitteln, wobei in aller Regel durch die Vorrückung Überzahlungen „aufgesaugt“ sein werden, das heißt wegfallen.
Dazu folgendes Beispiel: Der Angestellte ist am 30. April 2024 in die BG A1/nach dem 10. Gruppenjahr eingestuft und hat eine Überzahlung von 100 €. Das Ausgangsgehalt beträgt somit 2.615 €. Das Gehalt der BG A2/nach dem 2. Jahr beträgt 2.591 €, jenes der BG A2/nach dem 4. Jahr 2.712 € (Werte jeweils vom 1. Mai 2023!).
Da die Bestimmungen des § 11 Z 2 KV Angestellte sinngemäß anzuwenden sind, gebührt das nächsthöhere über dem Betrag von 2.615 € liegende Gehalt. Das ist in diesem Fall das Gehalt der BG A2/nach dem 4. Jahr, womit sich im ersten Schritt ein Gehalt von 2.712 € ergibt.
Damit ist die Überzahlung gänzlich aufgesaugt; der Anspruch beträgt ab 1. Mai 2024 2.903 € (Mindestgehalt der BG A2/nach dem 4. Jahr).
Dieser Angestellte verbleibt in den folgenden Jahren in der BG A2/nach dem 4. Jahr und rückt zum 1. Mai 2030 in die BG A2/nach dem 6. Jahr vor (das ergibt sich daraus, dass nach § 11 Z 2 KV Angestellte die Zahl der Gruppenjahre durch diese Bestimmung unverändert bleibt und der Angestellte erst im Jahr 2030 das sechste Jahr in dieser Gruppe vollendet).

Tabelle 3
Tabelle 4

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